Die Versicherungswirtschaft zählt zu den bedeutendsten Arbeitgebern der Schweiz – und steht zugleich für sehr unterschiedliche Lohnstrukturen. Während manche Positionen mit hohen Vergütungen verbunden sind, arbeiten andere Mitarbeitende unter ganz anderen Bedingungen. Zwischen Fixlohn, Provision, Courtage und Bonus existieren zahlreiche Modelle, die stark von Funktion, Verantwortung und Vertriebseinbindung abhängen. Dieser Artikel zeigt, wie die verschiedenen Entschädigungsformen in der Schweizer Versicherungsbranche tatsächlich funktionieren – und warum man pauschale Aussagen über „hohe Versicherungslöhne“ kritisch betrachten sollte.

Wer langfristig erfolgreich beraten will, braucht kein extremes Provisionsmodell – sondern stabile Werte und ehrliche Anreize.
Entschädigungsformen in der Schweizer Versicherungswirtschaft
In der Versicherungswelt hört man oft von hohen Löhnen – doch das gilt längst nicht für alle. Wie viel man verdient, hängt stark von der jeweiligen Rolle, der Erfahrung und dem Vergütungsmodell ab. Es gibt Fixlöhne, Provisionen, Courtagen, Boni und Spesen. Während im Verkauf (Aussendienst) oft ein grosser Teil des Lohns leistungsabhängig ist, setzen Innendienst- oder Schadensabteilungen stärker auf stabile Fixgehälter.
Wer verdient was?
Aussendienstberater:innen:
Du erhältst meist einen kleineren Fixlohn und zusätzlich Provisionen oder Boni. Dein Einkommen hängt stark davon ab, wie viele Abschlüsse du erzielst – wer viel verkauft, kann entsprechend mehr verdienen.
Makler:innen / Broker:
Wenn du als Makler:in arbeitest, bist du oft selbstständig. Du wirst über Courtagen (laufende Vergütungen für die Betreuung deiner Kund:innen) oder Provisionen bezahlt. Fixlöhne sind selten, dafür trägst du ein höheres unternehmerisches Risiko.
Innendienst / Backoffice:
Im Innendienst dominiert der Fixlohn, meist mit einem 13. Monatsgehalt. Deine Aufgaben sind hier eher administrativ oder fachlich, nicht verkaufsorientiert.
Sachbearbeitung Schaden:
In dieser Funktion bekommst du in der Regel ein stabiles Einkommen, manchmal ergänzt durch Qualitäts- oder Serviceboni.
Schadeninspektor:innen und Gutachter:innen:
Hier ist ein Fixgehalt mit Spesen (z. B. für Fahrten oder Verpflegung) üblich, manchmal auch mit variablen Vergütungen.
Führungskräfte / Management:
In leitenden Positionen erhältst du höhere Fixlöhne plus Boni, die sich nach Zielen wie Umsatz, Gewinn oder Qualität richten.
Überblick der gängigen Vergütungsmodelle
| Modell | Stärken | Schwächen | Typische Einsatzbereiche |
|---|---|---|---|
| Fixlohn | Stabilität, Planbarkeit, Qualitätssicherung | Weniger direkter Leistungsanreiz | Innendienst, Schaden, Fachfunktionen |
| Provision | Hoher Leistungsanreiz, direkte Erfolgsbelohnung | Einkommensschwankungen, Stornorisiko | Verkauf, Aussendienst |
| Courtage | Langfristige Kundenbindung, Bestandsaufbau | Abhängigkeit vom Kundenportfolio, Interessenkonflikte | Makler/Broker |
| Bonus | Belohnt Zielerreichung (Qualität, Umsatz, Service) | Intransparenz kann frustrieren | Alle Ebenen |
| Spesen | Decken reale Kosten ab, sichern Mobilität | Zu tiefe Sätze belasten Mitarbeitende | Aussendienst, Inspektion |
Fixlohn – deine stabile Basis
Der Fixlohn ist vor allem im Innendienst und in Schadensabteilungen üblich. Er bietet dir Sicherheit, Planbarkeit und erlaubt es, dich auf Qualität statt Verkaufsdruck zu konzentrieren. In manchen Versicherungsbereichen liegen die Fixgehälter zwischen CHF 4’000 – 5’000 pro Monat. In stark vertriebsorientierten Positionen kann der Fixlohn aber deutlich tiefer ausfallen – oder ganz entfallen, wenn du rein auf Provisionsbasis arbeitest.
Provision und Courtage – Anreiz mit Risiko
Die Provision ist eine Bezahlung pro Vertragsabschluss. Sie motiviert zum Verkauf, führt aber auch zu Schwankungen im Einkommen. Wichtig ist, dass klar geregelt ist, wann Provisionen entstehen, wann sie fällig sind und was passiert, wenn ein Vertrag storniert wird.
Die Courtage ist typisch für Makler:innen. Sie wird nicht nur für Neuabschlüsse, sondern auch für die laufende Betreuung deiner Kund:innen bezahlt. Das fördert langfristige Beziehungen, kann aber zu Interessenkonflikten führen, wenn du zwischen mehreren Versicherern wählen musst.
Bonus und Zielvergütungen
Boni gibt es heute fast überall – im Vertrieb in grösserem Umfang, im Innendienst meist nur gering. Sie sollen nicht nur Verkaufszahlen belohnen, sondern auch Qualität, Kundenzufriedenheit und Regelkonformität (Compliance).
Spesen – kein Luxus, sondern Notwendigkeit
Spesen decken deine realen Kosten für Reisen, Auto, Verpflegung oder Unterkunft ab. Besonders im Aussendienst sind faire Spesen wichtig, damit du nicht auf eigenen Kosten arbeitest.
Welches Modell ist das richtige für dich?
Es gibt kein „perfektes“ System. Reine Fixlöhne bieten Stabilität und Sicherheit, rein variable Modelle belohnen Leistung, können aber Druck erzeugen. Der beste Weg liegt meist in der Mitte: Ein fairer Fixlohn sorgt für Sicherheit, ein variabler Anteil belohnt Engagement und Erfolg – ohne, dass kurzfristige Verkaufszahlen alles bestimmen.
Rahmenbedingungen und Praxis
Wichtig ist, dass alle Teile deiner Entschädigung schriftlich festgehalten werden: Fixanteil, variable Ziele (KPIs), Spesen, Stornoregeln, Vorschüsse oder Rückforderungen. Auch auf variable Vergütungen werden die üblichen Sozialabgaben erhoben. Arbeitgeber sollten faire und transparente Modelle schaffen, um Vertrauen, Motivation und Qualität zu sichern.
Beispiele aus der Praxis
- Innendienst Schaden: Solider Fixlohn, eventuell kleiner Qualitätsbonus. Fokus auf Kundenzufriedenheit und Regelkonformität.
- Aussendienst Privatkunden: Tiefer Fixlohn + Provision + Spesen. Dein Einkommen hängt stark von deiner Leistung ab.
- Makler:in im KMU-Bereich: Courtage-basiert mit langfristiger Betreuung, manchmal zusätzliche Provisionen für Neuabschlüsse.
- Vertriebsleitung: Höherer Fixlohn + Zielvergütung (Umsatz, Qualität, Profitabilität). Transparente Kommunikation der Ziele ist entscheidend.
Tipps für dich als Mitarbeitende:r
- Bestehe auf klaren, schriftlichen Vereinbarungen über Fixlohn, Variable, Boni, Spesen und Rückforderungen.
- Rechne Best- und Worst-Case-Szenarien durch, um dein Einkommen realistisch einzuschätzen.
- Achte darauf, dass auch Qualität und Kundenzufriedenheit in deine Zielvereinbarungen einfliessen – nicht nur Verkaufszahlen.
Tipps für Arbeitgeber:innen
- Entwickle eine klare Vergütungsstruktur pro Rolle.
- Achte auf eine gesunde Balance zwischen Sicherheit und Leistungsanreiz.
- Mache Zielvereinbarungen messbar, fair und nachvollziehbar.
- Belohne nicht nur Neuabschlüsse, sondern auch Bestandspflege und Kundennutzen.
Transparenzpflicht für Makler:innen
In der Schweiz gilt eine wachsende Transparenzpflicht für Versicherungsvermittler:innen und Makler:innen. Kund:innen haben das Recht zu erfahren, wie du bezahlt wirst. Besonders bei Courtagen – also laufenden Vergütungen für die Betreuung bestehender Verträge – musst du die Entschädigung offenlegen.
Idealerweise sollte auf jeder Prämienrechnung ersichtlich sein, welcher Anteil der Prämie an dich als Makler:in fliesst. Diese Offenheit stärkt das Vertrauen, reduziert Interessenkonflikte und ermöglicht es Kund:innen, besser einzuschätzen, ob deine Beratung im Verhältnis zur Vergütung steht.




